Wie haben Sie Rainer Hußmann kennengelernt, was war der Anfang?
Ich habe ihn bereits im Jahr 2004 kennengelernt. Zu der Zeit war ich im Investmentbanking einer großen deutschen Bank und bin etwas später als Bereichsleiter zu einer anderen Großbank gewechselt. Mir wurde bei diesem Schritt rasch klar, dass ich diesen Bereich, der für mich ja neu war, restrukturieren und dabei auch meine eigene Rolle verändern müsste. Und ich war davon überzeugt, dass es richtig war, für diese Prozesse einen Moderator und Coach einzusetzen. Ich habe Rainer Hußmann damals gebeten, mich dabei zu unterstützen, und wir begannen eine Zusammenarbeit, von der wir beide damals noch nicht wussten, wie intensiv und langjährig sie werden würde.
Können Sie vielleicht beschreiben, wie Rainer Hußmann sich in diesem Veränderungsprozess als Berater bewegt hat?
Es ist ja eine Sache, wenn ich von Rainer als Berater überzeugt war. Eine ganz andere ist es jedoch, auch die Mitarbeiter davon zu überzeugen, dass er der richtige Begleiter für unsere Prozesse sei. Und zudem ist es leider so, dass Investmentbanker oft denken, sie bräuchten keine Beratung. Aber er wurde von den Mitarbeitern rasch akzeptiert. Ihm und mir war wichtig, den betriebswirtschaftlich erforderlichen Veränderungen ein menschliches Gesicht zu geben, die Teams im Bereich auf diesem Wege mitzunehmen.
Was hat dazu geführt, dass er offenbar so rasch neben ihrem auch das Einverständnis ihrer Mitarbeiter gefunden hat?
Ich denke, dass einmal seine fachliche Kompetenz war. Er wurde durch seine Beiträge schnell als Autorität in seinem Fach respektiert. Zum anderen aber, und vielleicht war dies als persönliches Merkmal genauso wichtig, war es seine Präsenz…seine Statur, seine Ruhe…ich würde es durchaus auch als sein Charisma bezeichnen.
Was haben Sie an ihm als Berater besonders geschätzt?
Ich konnte und kann mit den „klassischen“ Beratern wenig anfangen. Viele sind mir viel zu glattgeschliffen. Rainer hat sich als Coach und Berater deutlich anders verhalten. Er hat mit mir gestritten, man konnte sich an ihm reiben, und dabei hat er immer das richtige Maß, die Mitte zwischen persönlicher Nähe und der notwendigen Distanz des Beraters gefunden. Rainer wusste zum Beispiel, dass ich einigen Phänomenen im Investmentbanking kritisch gegenüberstand und stehe. Und obwohl ich sicher bin, dass er diese Kritik geteilt hätte, hat er sich dazu nicht persönlich positioniert, sondern immer dafür gesorgt, dazu beigetragen, dass ich meine Wertvorstellungen reflektiere und erst dann handle, statt impulsiv und emotional darauf zu reagieren. Und ich habe von ihm gelernt.
Haben Sie dafür vielleicht ein Beispiel?
Er hat mir zum Beispiel beigebracht, Dinge loszulassen. Der eigentliche Sprung für mich war, nicht mehr Mitarbeiter, sondern Führungskräfte zu führen. Eine Szene fällt mir dazu ein: Im Übergang in die neue Position fand ich auch eine Führungskonstellation vor, in der ich meinen Haltungen und meinem Handeln nach eine andere Rolle einnehmen musste, als ich es bis dahin gewohnt war. Eine neue Situation auch für die Führungskräfte, die ich nun führte. Dann gab es irgendwann jenes denkwürdige Meeting, in dem meine Mitarbeiter feststellten: „Seltsam, der Marcus kämpft gar nicht mehr so für uns, wir müssen das jetzt selbst tun.“ Rainer hörte zunächst nur lange zu und sagte dann irgendwann: „Ich glaube, du hast es geschafft, tatsächlich etwas zu ändern.“ Und dafür war seine Begleitung wesentlich, wir hatten das System gemeinsam nach und nach verändert.
Sie haben diese berufliche Rolle verlassen, und damit war dann auch die Zusammenarbeit in diesem Veränderungsprozess beendet. Was wurde aus ihrer Beziehung?
Auch in den letzten Jahren, nach meinem Austritt aus der Bank, waren wir regelmäßig im Kontakt. Ich glaube, ich kann sagen, dass aus einer professionellen Beratungsbeziehung eine Freundschaft geworden war. Als ich ihn zuletzt sah, war ich überrascht, wie geschwächt sein Körper und wie wach sein Geist dabei doch geblieben war. Aber das war Rainer: Was er tat, tat er leidenschaftlich. Immer schon dem Leben zugewandt, sei es bei seiner Arbeit, bei den Menschen, bei seinen Hobbies. Er war positiv selbst am Ende, entwickelte neue Visionen, plante eine Zukunft. Ich bin dankbar, dass ich mit Rainer bis zum Schluss in Vertrauen und Offenheit verbunden sein durfte.
Und wir danken herzlich für dieses Gespräch!