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Mein Freund Rainer

Rainer war von Anfang an, als ich ihn vor genau 30 Jahren im beruflichen Umfeld kennenlernte, eine wertvolle fachliche Stütze für mich. Wann immer ich mit einem Konzept nicht weiterwusste oder ein kompliziertes Gespräch beim Kunden anstand, hat er sich den Fall geduldig angehört und dann mit wenigen Worten treffsicher formuliert, was mir weiterhalf.
Wenige Worte – das war für mich bald eines seiner Markenzeichen. Auch als wir uns mit den Jahren immer öfter auch über private Themen ausgetauscht haben: niemals wurde etwas endlos besprochen; wenn etwas gesagt war, war es gesagt und hatte Bestand, Wiederholungen brauchte es nicht. Und trotzdem ging uns der Gesprächsstoff niemals aus – er hatte ja ein so unfassbar großes Wissen und konnte es vor allem auch blitzschnell abrufen: Namen von Restaurants, von Filmen, von Künstlern, von Autoren, von Weinen… er hatte alle Informationen immer so schnell parat, dass ich ihn oft meinen „Telefonjoker“ nannte und ihn auch oft als solchen angerufen habe.
Und es gab noch eine andere Bezeichnung, die sich für ihn einbürgerte: Das fiel mir allerdings erst auf, als mein damals etwa 5-jähriges Patenmädchen sagte „komisch, Wilma, wenn Du von Rainer sprichst, sagst Du nie einfach nur Rainer, sondern immer „Mein-Freund-Rainer“. Quasi als ein Wort.
Als sie ein Kuscheltier geschenkt bekam war ein Name schnell gefunden: der kleine Tiger heißt noch heute „Mein-Freund-Rainer“. Es ist das Synonym für Zuhören, für Vertrauen, für Freundschaft.

In den zurückliegenden 14 Monaten, die so sehr geprägt waren vom Wechsel zwischen Sorge um Rainer und Zuversicht, habe ich Rainer von einer anderen Seite noch intensiver kennengelernt: seine Geduld und Klaglosigkeit wird mir immer Vorbild sein.
Der letzte Satz, den Rainer zu mir sagte, war eine Bitte: ich möge ein paar Worte zu seinem Abschied sagen. Ein paar Worte? Rainer, wie soll das gehen bei einer so reichen Freundschaft? Ich werde einfach weiterhin viel von Dir erzählen und wahrscheinlich tun das sehr viele von denen, die Dich nun vermissen.

Danke für alles.

von Wilma Küspert

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